Hans Kloss

Ratgeb-Altar

Im Juni 2004 stellte Hans Kloss ein neues Monumentalwerk, den Ratgeb-Altar, in der Johanniskirche Schwäbisch Gmünd der Öffentlichkeit vor. Jörg Ratgeb, der wegen seiner Beteiligung am Bauernkrieg zum Tode verurteilt wurde, zählt neben Peter Parler und Hans Baldung Grien, ebenfalls gebürtigen Gmünder, zu den großen deutschen Künstlern an der Schwelle der Neuzeit.


Am Ratgeb-Bild, gestaltet im Stil eines vierteiligen Flügelaltars, auch Wechselaltar oder Retabel genannt, hat Kloss seit Weihnachten 2003 gemalt.

Thema ist die Vierteilung des Jörg Ratgeb, eines Malers, der sich in der Zeit der Bauernkriege in die politischen Wirren der Reformationszeit verstrickte und 1526 wegen Landes- und Hochverrat in Pforzheim hingerichtet wurde.

Im Dezember 2004 kam der Ratgeb-Altars in das Baltringer Bauernkriegsmuseum "Erinnerungsstätte Baltringer Haufen - Bauernkrieg in Oberschwaben" in der Nähe von Biberach.

Im Januar 2005 wurde der Altar bei der 1. Baden-Württembergische Künstlermesse in Stuttgart ausgestellt. Inzwischen gehört er zur Sammlung Würth.

Die sechs Elemente des Ratgeb-Altars

Das zentrale Motiv der Hinrichtung Ratgebs durch Vierteilung wird zunächst durch zwei Seitenflügel gedeckt. Das geschlossene Werk zeigt zunächst zwei allegorische Figuren.

Der linke Außenflügel die Verführung des Künstlers zur Kunst durch einen Engel dar. Symbol ist der Apfel, die Schlange des Bösen züngelt schon an den Reizen des ewig Weiblichen.

Der rechte Außenflügel zeigt den griechischen Mythos des Ikarus. Aufgestiegen in den überirdischen Bereich eines Malerhimmels kommt er den Göttern zu nahe und die Sonne verbrennt seine Flügel, er hat zuviel gewagt. ln der Erkenntnis seines Übermuts sticht er sich den Malerpinsel in die Seite als Akt der demütigen Buße vor einer größeren Macht.

Nach Öffnung der Flügel - das Gesamtbild umfasst dann eine Breite von 4 Metern - bietet sich dem Betrachter ein entsetzliches, aber geschichtlich fundiertes Geschehen dar.

Die linke Innenseite des klappbaren Flügels versinnbildlicht den Untergang der Welt und das jüngste Gericht, symbolisiert durch die vier Reiter der Apokalypse; einzig der Maler entrinnt mit himmlischer Hilfe dem Chaos.

Die rechte Innenseite zeigt den Bauernkrieg zwischen dem Heer der Reichsstädter unter habsburgischer Führung und den Bauern im Remstal. Es brennt die Burg Hohenstaufen, während das Kloster Lorch bereits in Schutt und Asche liegt.

Im zentralen Mittelteil die Hinrichtung Ratgebs in einer Vermischung von Realismus und Traumdeutung. Ein maskierter Kobold schlägt die Trommel mit dem Wappentier Gmünds, dem Einhorn. Der Reformator Martin Luther zeigt dem Opfer das Kreuz, dem bereits das Blut der Religionskriege entrinnt. Unten in der Predella ist sein geschundener Körper aufgebahrt.

Wer war Jörg Ratgeb?

Um 1476 wurde in Schwäbisch Gmünd am Kalten Markt als Sohn des Zimmermeisters Jakob Ratgeb und seiner Gattin Franziska der Maler Jörg Ratgeb geboren. Von Seiten der Großmutter väterlicherseits wurde der Hausname "Schürtz" in die Familie eingebracht, so dass der Junge zunächst nur der "Schürtz Jörgle" genannt wurde. Sein Vater verunglückte beim Bau des Münsterchores tödlich, als er vom Gerüst stürzte.

Um 1500 ging Jörg Ratgeb zusammen mit seinem etwa gleichaltrigen Freund Hans Baldung auf Wanderschaft und in die Lehre bei Albrecht Dürer in Nürnberg. Bekanntschaften schloss er mit Mathias Grünewald in Colmar und arbeitete auch in der Werkstatt von Holbein. Seine Heirat mit einer leibeigenen unfreien Bauerntochter brachte ihn in Schwierigkeiten, da sein Landesherr Herzog Ulrich sie nicht aus der Leibeigenschaft entlassen wollte. Das hinderte ihn auch 1510, Bürger von Heilbronn zu werden.

Um 1515 erhielt Ratgeb in Frankfurt den Großauftrag, die Wände des Karmeliterklosters zu bemalen. Da sich das Wandbild im Freien befand, mussten die Arbeiten in der Winterzeit ruhen, so dass er Anfang Dezember 1516 den Auftrag der "Brüder vom gemeinsamen Leben" in Herrenberg annahm, einen Hochaltar zu malen. Der Herrenberger Altar ist heute in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt und gilt dort als Prunkstück der Altdeutschen Malerei.

Anton Monzer:
Die Spur der Bilder

1525 schloss sich Ratgeb den Bauernaufständen an und informierte die vor den Toren der Stadt Stuttgart lagernden Bauern und ihre Anführer von den Ränkespielen der Stuttgarter Ratsherren. Aufgrund seiner Schriftkenntnisse wurde er zum "Bauernkanzler". Als das Habsburger Söldnerheer unter Jörg Truchseß von Waldburg die Aufständischen bei Böblingen und Sindelfingen niedermetzelte, flüchtete Ratgeb und wurde im badischen Pforzheim gefangen genommen.

Als Landes- und Hochverräter wurde er am 8. Juni 1526 auf dem dortigen Marktplatz zur Höchststrafe - Vierteilung durch Pferde bei lebendigem Leibe - verurteilt und hingerichtet. ln seiner Vaterstadt Schwäbisch Gmünd galt er fortan als geächtet und verfemt.

Der Herrenberger Altar

Das Werk von Hans Kloss soll die Erinnerung an Jörg Ratgeb wachhalten, an einen Künstler, der unter anderem den berühmten Herrenberger Altar (1518 bis 1521, Tempera auf Öl auf Tannenholz) schuf, der heute in der Stuttgarter Staatsgalerie steht. Inspirieren ließ sich Kloss von der Biografie von Anton Monzer.

Schrecklich-schöne Farbenpracht

Ratgeb-Altar in Baltringen

Kloss-Bild in der Sammlung Würth

Website von Hans Kloss